Pressemitteilung 24. August 2018
Brandgefährliche Entwicklung
in Deutschlands öffentlichen Wäldern
durch konventionelle „Holzacker“-Intensiv-Forstwirtschaft
BundesBürgerInitiative WaldSchutz (BBIWS) fordert naturgemäße Waldbehandlung
Der Extremsommer 2018 zeigt, dass der Klimawandel immer ausgeprägtere Trocken- und Dürreperioden mit sich bringt. So oft wie nie gingen diesen Sommer in ganz Deutschland naturferne Kunstforste in Flammen auf, und seit Donnerstag wütet nun ein schwer zu bekämpfender, gut 400 ha großer Brand in der Nähe Berlins, der sogar die Evakuierung dreier Ortschaften erforderte. Ursache ist jedoch nicht die Trockenheit allein. Die gängige Art der Intensiv-Forstwirtschaft mit massivem Einsatz von Schwertechnik und die Überweidung der wichtigen Waldbodenflora durch überhöhte Wildbestände, gerade auch in den Wäldern in öffentlicher Hand, steigert die Waldbrandgefahr um ein Vielfaches. Die BundesBürgerInitiative WaldSchutz (BBIWS) fordert daher für die Wälder in öffentlicher Hand, den Bürgerwäldern Deutschlands, einen Stopp der konventionellen „Holzacker“-Intensiv-Forstwirtschaft und die Hinwendung zu einer naturgemäßen Wald- und Wildbehandlung, die das Waldbrandrisiko deutlich senkt. Auch diesmal brennen keine feucht-kühlen struktur- und artenreichen naturgemäßen Laubwälder mit großer Wasserspeicherfähigkeit, sondern prasseltrockene Nadelbaumplantagen.
Zu viele intensiv genutzte Wirtschaftsforste - Waldbrandgefahr durch hohen Nadelbaumanteil
Deutschlands Wälder, auch die Bürgerwälder in öffentlicher Hand, sind heute zum Großteil naturferne Wirtschaftsforste mit einem sehr hohen Anteil an Nadelbäumen: Fichten, Kiefern und immer mehr Douglasien. Diese Baumarten sind von Natur aus stark waldbrandgefährdet, da sie selbst und der Waldboden darunter schnell austrocknen und ihr Holz und ihre Nadeln durch den hohen Harzgehalt sehr leicht brennen – dies ist von Natur aus in ihren ursprünglichen nasskalten nördlichen Verbreitungsgebieten auch so vorgesehen, Fachleute sprechen von einem „Feuerökosystem“. Von Natur aus würden in Deutschland hingegen Laubmischwälder mit vielen Buchen und weiteren heimischen Baumarten wachsen und eine artenreiche Krautschicht aufweisen, die das Mikroklima im Wald günstig beeinflusst. Die dichten Baumkronen bilden ein vor der Sonne schützendes, kühlendes Dach, der lockere, humusreiche Waldboden saugt wie ein Schwamm das Wasser auf – im Buchenwald bis zu 200 Liter pro Quadratmeter! – und speichert es über lange Zeit, so dass Trockenzeiten gut überstanden werden können. Das Waldinnenklima ist feucht und um bis zu sieben Grad kühler als auf ungeschützt der Sonneneinstrahlung ausgesetzten Ackerflächen. In natürlichen Laubwäldern kommt hierzulande ein Waldbrand kaum vor.
Doch natürliche oder sehr naturnahe Wälder sind in Deutschland alles andere als häufig. Auch die Bürgerwälder in öffentlicher Hand sind zumeist intensiv genutzte Wirtschaftsforste, zu oft Fichten- oder Kiefernplantagen zum Zwecke einer möglichst schnellen Holzgewinnung. Diese „Holzäcker“ sind von häufig geschotterten, breiten, schwerlasttauglichen Forststraßen und einem engmaschigen Netz von Rückegassen durchzogen.
Enorme Waldbrandgefahr durch trockene Nadeln, Ernteabfälle und Windkanäle
Eine besondere Gefahr im Hinblick auf Waldbrände birgt dabei das System der parallel angelegten Rückegassen mit oft nur 20-30 m Abstand für den Einsatz von Großerntemaschinen (Harvester und Forwarder), die links und rechts von den Forststraßen abzweigen. Für heiße, trockene Winde wirken sie wie waagrechte Kamine. Die zum Schutz des Bodens aufgebrachten Reisigmatten aus Kronenmaterial verwandeln sich im Falle eines ausbrechenden Feuers in kürzester Zeit zu Brandbeschleunigern, ebenso das nach Durchforstungen herumliegende Baumkronen- und Astmaterial, das im Naturwald so wichtig für die Totholzbewohner, die Nährstoffversorgung und die Beschattung der Böden ist. Gerade in den ausgetrockneten Schneisen aller Art aber können sich entgegen forstlicher Darstellung die Flammen tief in den Waldboden hineinfressen und der einfahrende Wind kann wie ein Blasebalg den Brand weiter anheizen. Hinzu kommt, dass im trockenen Nadelplantagen-Boden kaum Fäulnis oder Zersetzung durch Mikroorganismen stattfindet. Die von den Bäumen herabrieselnden Nadeln sammeln sich deshalb zu dicken Matten, die bei Trockenheit brennen wie Zunder.
Auslöser für Brände ist in manchen Fällen auch Funkenflug durch Maschineneinsatz, ebenso wie Harvesterbrände aufgrund von technischen Defekten, weshalb in so heißen trockenen Sommermonaten keine derartigen Maschinen im Wald zum Einsatz kommen sollten. Doch die Holzernte findet heutzutage nicht mehr nur im Winter, sondern das ganze Jahr über statt. Mit anderen Worten: Die deutsche Forstwirtschaft hat ein forstliches Kunstsystem geschaffen, dass ursprünglich aus einem Feuerökosystem stammt, und hat dieses durch die forstwirtschaftlichen Methoden zusätzlich trocken gemacht – eine brandgefährliche Kombination!
Forderungen der BundesBürgerInitiative WaldSchutz (BBIWS)
Die BBIWS, ein bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerinitiativen und Einzelpersonen, fordert daher für die Wälder in öffentlicher Hand eine Abkehr von der konventionellen, industrialisierten Holzernte mit schwerer Technik und stattdessen eine schonende Waldbehandlung mit naturnahen Laubmischwäldern, die das feucht-kühle Waldklima bewahrt, die Böden humusreich und locker erhält und damit einen wirksamen Schutzschild gegen Trockenheit, Hitze und Waldbrandgefahr liefert. Großflächige Durchforstungen in Wäldern im Dürrestress sind grundsätzlich zu verbieten!
Auch darüber hinaus setzt sich die BBIWS für einen stärkeren Schutz der Wälder ein, so etwa eine Abkehr von der aktuellen ganzjährigen Holzernte ohne Rücksicht auf Witterung, Bodenverhältnisse und Brut-/Setzzeiten und einen Verzicht auf Nadelbaum-Plantagenforste auf naturfremden Standorten.
Sie unterstützt weiter die Forderung der Naturwald Akademie nach dichten Laubmischwäldern als Schutz gegen Waldbrände. In deren aktuellen Stellungnahme „Trocken und brandgefährlich“ heißt es: „Dichte, extensiv bewirtschaftete Wälder sind der beste Schutz. Gerade auch mit dem sich verändernden Klima bieten sie mit ihrem dämpfenden Mikroklima eine Robustheit, die sich in Tausenden von Jahren so entwickelt hat.“
In ihrem „Manifest zum Wald in Deutschland“ fordert die BBIWS für alle öffentlichen (staatlichen) Wälder eine Waldbewirtschaftung in Anlehnung an das bereits seit mehr als 20 Jahren erfolgreich praktizierte „Lübecker Modell“. Dies bedeutet konsequenten Umbau der auf potenziellen Laubwald-Standorten stockenden, nadelholzdominierten Forste in naturnah entwickelte Laubmischwälder, die weitgehend der Baumartenzusammensetzung der potenziellen natürlichen Waldvegetation entsprechen und sich durch Naturverjüngung und natürliche Sukzession dem Wandel von Klima und Umwelt anpassen.
Weitere aktuelle Pressemitteilungen, Stellungnahmen und Informationen zum Thema unter:
Trocken und brandgefährlich – eine Stellungnahme der Naturwald Akademie:
https://naturwald-akademie.org/waldbrand/
Der Wald im Zeichen des Klimawandels – BUND e.V.:
https://www.bund.net/aktuelles/detail-aktuelles/news/der-wald-im-zeichen-des-klimawandels/
Aktuelle Pressemitteilung des NABU zu den Waldbränden des Sommers 2018:
https://www.nabu.de/modules/presseservice/index.php?popup=true&db=presseservice&show=24342
BundesBürgerInitiative WaldSchutz (BBIWS):
Informationen zur BBIWS:
Die BundesBürgerInitiativeWaldSchutz (BBIWS) wurde am 01.07.2017 gegründet und ist ein überparteilicher, bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern und deren Organisationen in Deutschland. Sie verfolgt das ausschließliche Ziel, die praktizierte Bewirtschaftung der Wälder in Deutschland konstruktiv kritisch zu begleiten, Missstände aufzuzeigen, Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten, in Fläche und Zahl ausreichende Schutzgebiete ohne forstliche Nutzung zu fordern und auf eine Gesetzgebung hinzuwirken, die der besonderen Bedeutung unser Wälder für Mensch und Natur gerecht wird.