Foto: N. Panek - Buchenkahlschlag
Foto: N. Panek - Buchenkahlschlag

Tag des Waldes am 21.03.2021

 

Presseinformation der BBIWS und Waldwende Jetzt!

 

 

 

WaldWende oder WaldEnde?

 

Die Angriffe auf den Patienten Wald gehen weiter

 

Vor genau zehn Jahren riefen die Vereinten Nationen das Jahr der Wälder aus, um die besondere Verantwortung des Menschen für die Wälder zu betonen. Aber noch nie wurde global so viel Wald vernichtet, wie im vergangenen Jahrzehnt, noch nie ging es dem deutschen Wald so schlecht wie jetzt. Der Klimawandel, Grundwasserabsenkungen und Stickstoffeinträge haben den Wald an den Rand seiner Existenzfähigkeit gebracht. Die außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes eingebrachten Fichten und Kiefern werden durch Borkenkäfer und nadelfressende Raupen dahingerafft. Ein völlig unangemessenen Umgang mit diesen Insektenkalamitäten verschärft den Stress für den Wald. Die Katastrophe nach der Katastrophe, ein fehlgesteuertes Krisenmanagement der Forstbehörden, fügt dem Ökosystem Wald weiteren Schaden zu. Waldwende oder Waldende ist die Wahl, vor die der Klimawandel uns stellt.

 

„Klotzen, nicht kleckern“, ist die marktschreierische Devise der Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Rund 1,5 Milliarden Euro wurden schnell locker gemacht, um den technokratischen Angriff auf den Wald zu finanzieren. Doch welche Spuren hinterlässt diese Geldschwemme in unseren Wäldern?

 

Es werden Waldböden, die wichtigste Basis für das Waldwachstum, mit schweren Maschinen und langfristigen Folgen zerfahren. Mit deutscher Gründlichkeit wird die Biomasse – und die darin gebundenen Nährstoffe – von den Schadflächen entfernt. Der nächsten Waldgeneration werden damit die Grundlagen eines erfolgreichen Starts entzogen. Mit enormem Energieaufwand – Schätzungen gehen von 150 Liter Rohöläquivalenten aus – wird das aufgearbeitete Stammholz zu Schleuderpreisen nach Fernost verfrachtet. Das in Deutschland verbleibende Holz wird als Industrie- oder Energieholz kurzfristigen Verwendungen zugeführt und der gebundene Kohlenstoff unmittelbar in die Atmosphäre geblasen.

 

So funktioniert Klimaschutz nicht. Und es geht weiter: aufgearbeitete Fichten werden mit Pestiziden behandelt. Damit werden die Borkenkäfer in ihrer Populationsentwicklung kaum getroffen, sehr wohl aber deren Fressfeinde. Wen interessiert das? Es ist ja genug Steuergeld verfügbar.

 

Damit nicht genug – natürliche Sukzessionen, die Entwicklungsstadien einer natürlichen Wiederbewaldung, werden durch eine übereifrige Forstpartie ignoriert. Stattdessen importiert sie exotische Baumarten aus Fernost und Nordamerika und bringt sie in unseren Wäldern aus. Niemand vermag die Spätfolgen abzuschätzen. Mit diesen Bäumen importierte Pilze und Mikroorganismen können unsere heimischen Baumarten zusätzlich gefährden, wie beispielsweise schon jetzt der aus Ostasien eingeschleppte Pilz „Falsches Weißes Stängelbecherchen“, der es beinahe geschafft hat, die Europäische Esche auszurotten.

 

Aus Fehlern gelernt? Weit gefehlt – die deutsche Forstpartie pflanzt gebietsfremde Arten wie die Douglasie, die kaukasische Baumhasel, die Schwarzkiefer oder den Tulpenbaum auf Teufel komm raus. Hauptsache die Fördermilliarden aus Berlin werden tatsächlich ausgegeben. Als ob die großen und fein säuberlich geräumten Schadflächen nicht schlimm genug wären, werden um die exotischen Bäumchen, die als eiweißreiche Rarität hochattraktiv für den Äser von Rehen und Hirschen sind, millionenfach Plastikhüllen gestellt. Später sickern diese als Mikroplastik in Böden und Grundwasser ein.

 

Nein - Ihr habt NICHT verstanden! Mehr als die Hälfte des deutschen Waldes, exakt 53 % der Fläche, ist öffentlicher Wald im Eigentum der Bundesländer und der Kommunen und gehört den Bürgerinnen und Bürgern des Landes. Genau diese Bürger aber, von deren Steuergeldern jene gewaltigen Eingriffe in den Wald finanziert werden, fragt aber niemand nach ihrer Meinung. Obwohl darunter namhafte Wissenschaftler sind, die inzwischen belegen können, dass Flächenräumung und Aufforstung mithilfe schwerster Maschinen reine Geldverschwendung sind und den Schaden immens vergrößern.

 

Die größten ökologischen Herausforderungen der Menschheit durch Klimawandel, Gefährdung der Wasserreserven und Verlust der Biodiversität können wir nur gemeinsam mit dem Wald meistern. Die gegenwärtige Art der Waldbehandlung läuft diesen Herausforderungen diametral entgegen. Sie trägt dazu bei, den schwer angeschlagenen Patienten Wald weiteren Stressfaktoren auszusetzen.

 

Die BBIWS fordert daher, diesen Patienten sich endlich in Ruhe erholen zu lassen. Wir sollten natürliche Prozesse weitgehend akzeptieren, diese genau beobachten und nur in Ausnahmefällen eingreifen. Wir brauchen keinen unüberlegten Aktionismus. Wir brauchen eine andere Wertschätzung für den Wald und eine andere Gesetzgebung.

 

Ökosystembasierte Waldgesetze statt holzorientierte Forstgesetze.