Das Forstmärchen „Es wächst doch mehr nach!“
von Herbert Fahrnbauer
Es waren einmal viele Förster, die erzählten den braven Bürgern, in ihrem Bürgerwald wachse mehr Holz nach, als durch das gesamte Jahr über und Jahr für Jahr aus dem Wald entnommen werde!
Die braven Bürger fragten daraufhin, wie es denn sein könne, dass ihr Wald immer lichter werde, die Blumen am Wegesrand verschwänden und der Wald immer mehr aussähe wie ein Holzacker. Als Antwort bekamen die braven Bürger von den Förstern gesagt, dass der Grund dafür schließlich der böse Klimawandel sei und der Wald deshalb möglichst schnell und intensiv umgebaut werden müsse. Die Förster wüssten schon was dem Wald gut täte, schließlich wären sie ja die Förster. Auf die Frage der braven Bürger, wie es denn sein könne, dass auch auf den unzähligen Rückegassen und den breiten geschotterten Forststraßen immer weniger wachse, antworteten die dienstbeflissenen Förster, das sei schon in Ordnung, schließlich brauche man ordentliche und befestigte Zufahrtsstraßen, um den Wald schneller und weiter umzubauen.
So ergab es sich, dass sich der Wald immer mehr zu einer lichten Forstplantage verwandelte, in dem sich ihre natürlichen Bewohner, wie Wildschweine, Rehe und Hasen nicht mehr verstecken konnten. Zudem machten die Jäger verstärkt Jagd auf diese Tiere, weil es einfach zu viele von ihnen gab, die auch noch besonders hungrig auf die zarten Pflanzenknospen waren. Und auch die erholungs-suchenden Spaziergänger, Fahrradfahrer und Jogger fanden immer weniger Anreiz darin, sich auf immer sonniger und damit heißer werdenden, geschotterten Forststraßen aufzuhalten.
Daraufhin fragten die braven Bürger ihre emsigen Förster erneut, wann und wie sie denn nun wirklich erkennen könnten, dass tatsächlich mehr Wald nachwachse. Woraufhin die Förster antworteten, sie sollten gefälligst nicht so ungeduldig sein, dann würden sie sehr bald erkennen, dass es wirklich so sei, wie es die Förster vorausgesagt hätten.
…und so warteten die braven Bürger und warteten um zu erkennen, dass mehr Wald nachwachse als Bäume aus dem Wald entnommen werden.
…und so kam es wie es kommen musste, als der letzte große und alte Baum gefallen war und nur noch kleine unscheinbare Setzlinge erkennbar waren, da fragten die braven Bürger ein letztes Mal ihre Förster…
…und wenn sie nicht gestorben sind, dann erzählen auch in Zukunft die Förster ihren braven Bürgern, deren Kindern und Enkeln das Märchen, dass immer noch mehr Wald nachwachse als von den Förstern entnommen werde.
Faktencheck:
Das Ökosystem Wald spielt gerade in der aktuellen Diskussion über den Klimawandel, die weltweite Begrenzung des Temperaturanstiegs, den dramatischen Verlust der Artenvielfalt (z.B. Insektensterben) und die enorme Bedeutung für die Grundwasserbildung und somit auch Trinkwasserbereitstellung eine entscheidende Rolle. Durchschnittlich filtert 1ha Wald jährlich rund 10t CO2 aus der Luft.
An einem konkreten Beispiel, der CO2-Bindungskapazität einer gesunden 80-jährigen Buche, soll dies nochmals deutlich hervorgehoben werden.
Die CO2-Bindungskapazität ist abhängig von der Baumart, dem Alter des Baumes und der Holzdichte bzw. Zuwachsrate. Weitere Faktoren sind das Klima, die Bodenqualität und die Wasserversorgung. Nehmen wir nun beispielhaft eine Buche (ca. 23m hoch, Stammdurchmesser ca. 30cm gemessen bei einer Stammhöhe von ca. 1,30m), so hat diese ca. 550 kg Trockenmasse in den Blättern, Ästen und im Stamm, ergänzt durch ca. 10% Wurzelbiomasse. Diese 600 kg Trockenmasse binden 1t des schädlichen Treibhausgases Kohlendioxid (CO2)!
Diese Buche muss etwa 80 Jahre wachsen um 1t CO2 aufnehmen zu können. Pro Jahr bindet diese Buche damit durchschnittlich 12,5 kg CO2. Damit 1t CO2 abgeschieden werden müsste ein neu gepflanzter Baum wieder 80 Jahre wachsen oder 80 neu gepflanzte Bäume würden diese Aufgabe übernehmen. Dabei ist aber zu beachten, dass Bäume in den ersten Jahren nach der Pflanzung eher geringe Biomassevorräte anlegen.