Pressemitteilung
Anfang letzter Woche wurde im Rahmen der ersten Sitzung des neubesetzten Waldbeirats der Stadt Stuttgart bekannt gegeben, dass der Stuttgarter Wald nun nach den Richtlinien der Naturland-Organisation zertifiziert ist. Nicht ohne erkennbaren Stolz verkündete die Leiterin des Stuttgarter Forstamts, Frau Dr. Kenntner, dass diese Zertifizierung ohne jegliche Einschränkungen und Abweichungen erfolgt sei. Damit erfüllen die städtischen Wälder die derzeit strengst möglichen Kriterien für eine naturnahe Waldbewirtschaftung.
Als Bürgerinitiative, die vor 6 Jahren im Protest gegen einen massiven Holzeinschlag im Botnanger Wald entstanden ist und damit den Anlass zur Gründung des Waldbeirats gab, beglückwünschen wir das städtische Forstamt, die beteiligten Amtsstellen und die Stadt zu diesem Erfolg.
Mit Freude nehmen wir zur Kenntnis, dass sich viele Jahre intensiver Diskussionen innerhalb und außerhalb des Waldbeirats gelohnt haben.
Unser Dank geht an den ehemaligen Forstdirektor für den Lübecker Wald und Urheber des sog. Lübecker Modells, Dr. Lutz Fähser, der ehrenamtlich und engagiert große Sachkenntnis und viele fruchtbare Impulse in die Diskussion eingebracht hat. Mehrmals hat er den weiten Weg von Lübeck auf sich genommen, um im Waldbeirat für eine klimabewusste und naturverträgliche Waldbewirtschaftung zu werben.
Unser Dank geht an die beteiligten Naturschutz- und Umweltverbände BUND, Nabu, Landesnaturschutzverband und Greenpeace, die mit Rat und Tat unsere Forderungen gestützt haben und ebenfalls große Sachkunde in den Prozess eingebracht haben.
Unser Dank geht an die Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat, die uns politisch unterstützt haben und die das Leitbild für den Stuttgarter Wald, das Regelwerk der Forsteinrichtungsplanung und die Zertifizierung nach den Naturland-Richtlinien letztendlich einstimmig beschlossen haben. Besonderer Dank gebührt hier Stadträtin Gabriele Munk, die das Politische orchestriert hat.
Last not Least danken wir dem Forstamt der Stadt Stuttgart, das sich anfangs in einer Situation des Umbruchs befand und unsere Aktivitäten eher skeptisch einordnete, im Laufe des Prozesses aber erkannte, welche Chancen sich aus einer derartigen – und bislang in Deutschland einmaligen - Bürgerbeteiligung ergeben können. Diese Chancen wurden wahrgenommen.
Als Bürgerinitiative resümieren wir, dass etwa 80% unserer Forderungen Eingang gefunden haben in das neue Leitbild für den Stuttgarter Wald.
Die aktuellen Nachrichten und Berichte zum Zustand des deutschen Waldes in Zeiten des Klimawandels geben allerdings Grund zu größter Besorgnis. Auch in Stuttgarts Wäldern steht vieles nicht zum Guten. Viele Bäume haben den Hitze- und Trockenstress der Sommer 2022 und 2023 nicht wegstecken können und kümmern, wenn sie nicht schon abgestorben sind, mit lichten Kronen dahin.
Damit verbinden wir viele Gründe, warum mit unserem Wald behutsam umgegangen werden muss.
Zu unserem Wald gehört aber nicht nur der Stadtwald, sondern auch der Staatswald, der dem Land gehört und von ForstBW bewirtschaftet wird. Zum Staatswald gehören beispielsweise der Wildpark (Rot- und Schwarzwildpark), der Wald nördlich des Schlosses Solitude entlang des Lindentals, der Silberwald in Sillenbuch und große Teile des Waldes rund um die Waldau und den Frauenkopf. In diesen Waldgebieten ist es in den letzten Jahren wiederholt zu massiven Einschlägen und Durchforstungen unter Einsatz schweren bodenzerstörenden Geräts gekommen. Insgesamt repräsentieren diese Flächen rund die Hälfte der Stuttgarter Wälder.
Leider gelten die von der Stadt beschlossenen Leitlinien nicht für ForstBW. Leider ist ForstBW nicht nach den Naturland-Richtlinien zertifiziert. Gleichwohl gehören auch diese Wälder zur Allmende der Stuttgarter Bürgerschaft. Deshalb schlagen wir folgenden Appell vor:
Wohl wissend, dass der Stuttgarter Gemeinderat keine Befugnisse hat, den Waldbesitzer "Land" zu reglementieren und in dessen Forsteinrichtung einzugreifen, appelliert er an die zuständigen Landesbehörden und an ForstBW mit dem zuständigen Forstbezirk Schönbuch, die Vorgaben der Forst-einrichtung für den Stuttgarter Wald inhaltlich und sinngemäß auch für die Waldflächen des Landes auf Stuttgarter Gemarkung zu übernehmen. Er empfiehlt dem Forstbezirk Schönbuch, ebenfalls eine Zertifizierung nach den Naturland-Richtlinien anzustreben.
Die Stadtspitze wird gebeten, diesen Appell an die zuständigen Landesbehörden zu richten.
Das Stuttgarter Forstamt wird gebeten, den zuständigen Landesstellen die inhaltlichen Vorgaben der Forsteinrichtungsplanung im Detail zu übermitteln und ggfls. zu erläutern.
Für die Bürgerinitiative Zukunft Stuttgarter Wald
Dr. Jörg Noetzel, Robert Hoening
https://www.wald-stuttgart.org/