Bayern: Protest wirkt - Der Nürnberger Reichswald bleibt!

Jägersee-Forst/Muna-Süd
Jägersee-Forst/Muna-Süd

Der Nürnberger Reichswald ist ein mehrfach geschütztes Waldökosystem, das den Schutzstatus Natura 2000, Vogelschutzgebiet und Bannwald trägt. Um zunächst nochmals ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten, empfehle ich vorab meinen Beitrag vom 6.09.2022 mit dem Titel „Bayern, Der Nürnberger Reichswald muss bleiben“ auf der Homepage der BBIWS zu lesen.

 

Im Rahmen der sogenannten Verkehrswende hatte die Deutsche Bahn (DB) die Aufgabe, für den süddeutschen Raum einen geeigneten Standort zu finden, um dort ein ICE-Instandhaltungswerk zu planen, zu errichten und zu betreiben. Dazu wurden von der DB ca. 70 Standorte hinsichtlich ihrer Eignung überprüft. Als Basis für die Bewertung der Standorte wurde von der DB ein „Unternehmens-interner“ Bewertungskatalog zugrunde gelegt, in dem die Bewertungskriterien sehr unterschiedlich gewichtet wurden. Der Fokus für die letztgültige Entscheidungsfindung konzentrierte sich unter Berücksichtigung der lokalen Randbedingungen im Wesentlichen auf innerbetriebliche und betriebswirtschaftliche Punkte. Dagegen fanden bei der DB wesentliche Punkte zur Standortbewertung, wie Umweltverträglichkeit oder Artenschutz weniger Beachtung. Auf eine zur Eingrenzung der tatsächlichen Realisierbarkeit hilfreiche Machbarkeitsstudie, wie sie bei größeren Projekten durchaus üblich ist, wurde seitens der DB ebenfalls verzichtet.

 

Organisierter und fachlich fundierter Protest

Die DB, ein insbesondere politisches und gewerkschaftlich geführtes Unternehmen, hatte sich im Laufe ihrer Planungsaktivitäten letztendlich für drei nahezu gleichwertig geschützte Gebiete im Nürnberger Reichswald entschieden. Diese drei Standorte, alle im Nürnberger Reichswald gelegen,

waren Jägersee-Forst/Muna-Süd (Bild oben), Muna-Nord (Bild unten) und Roth-Harrlach.

Im Hinblick auf das bevorstehende Raumordnungsverfahren war es deshalb enorm wichtig, dass fundierte Einzeleinwendungen gegen dieses ICE-Instandhaltungswerk im Nürnberger Reichswald geschrieben wurden. Diese fachlich fundierten Einzeleinwendungen wurden zusammen mit vielen

Sammeleinwendungen termingerecht bei der Regierung von Mittelfranken eingereicht und stellten somit zusätzlich zur fachlichen Bewertung eines Anwaltsbüros die Basis für die landesplanerische Beurteilung durch die Regierung von Mittelfranken dar.

Muna-Nord
Muna-Nord

Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens hatte die Regierung von Mittelfranken als Ergebnis ihrer landesplanerischen Beurteilung bestätigt, dass die Standorte Jägersee-Forst und Roth-Harrlach nicht raumverträglich sind, der Standort Muna-Nord hingegen nur unter der Einhaltung sehr hoher

Auflagen raumverträglich sein könnte.

 

In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass der Standort Muna-Nord durch militärische Altlasten kontaminiert ist. Die betroffene Bevölkerung wurde von der DB informiert, dass für den Bau

dieses ICE-Instandhaltungswerks alle militärischen Altlasten des Muna-Nord Standortes entsorgt werden. Im Laufe der Zeit stellte sich jedoch heraus, dass die DB nur für eine Räumung und Sanierung der für das ICE-Instandhaltungswerk tatsächlich erforderlichen Fläche von ca. 46 ha bereit gewesen wäre. Damit wurde aber auch deutlich, dass die Flächen mit dem größten Risikopotenzial, wie beispielsweise ein Sicherungsbauwerk („Sarkophag“) mit dem Inhalt „Senfgas“ oder vormals militärisch genutzte Tanklagerflächen, nicht geräumt werden sollten.

 

Bei dem Standort Muna-Nord handelt es sich um ein seit ca. 70 Jahren gewachsenes Waldökosystem, das aufgrund seiner militärischen Altlasten nicht betreten werden durfte. Demzufolge konnte sich während dieser langen Zeitspanne ein Rückzugsgebiet für viele seltene und zum Teil auf der „Roten

Liste“ stehende Pflanzen und Tiere entwickeln. In diesem Zusammenhang muss auch noch erwähnt werden, dass es auf der Basis mehrerer Gutachten und einem kontinuierlich durchgeführten Monitoring des Grundwassers bisher zu keinerlei ernsthaften Zwischenfällen oder Gefahrensituationen kam.

 

Roth-Harrlach
Roth-Harrlach

Am 13.04.2023 musste die DB nun einräumen, dass auch der zuletzt noch von ihr favorisierte Standort Muna-Nord nicht für den Bau und Betrieb eines ICE-Instandhaltungswerks geeignet ist. Damit konnte dieses ICE-Instandhaltungswerk auch auf dem Standort Muna-Nord nicht realisiert werden. Darüber hinaus hatte die DB aufgrund ihrer umfangreichen Untersuchungen der letzten Monate auf dem Standort Muna-Nord bestätigt, dass aktuell keine Notwendigkeit besteht, dieses Gebiet hinsichtlich der vorhandenen Altlasten zu räumen. Diese Entscheidung erfolgte in enger Abstimmung mit dem Eigentümer dieser Liegenschaft, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Die BImA sah aufgrund ihrer eigenen,„Baufachliche Richtlinien Kampfmittelräumung (BFR KMR)“, keinerlei Notwendigkeit das betroffene Gebiet zu räumen.

 

Damit wurde wieder einmal deutlich, dass bei der Realisierung von Infrastrukturprojekten, wie dem ICE-Instandhaltungswerk der DB, die Belange des Umwelt-, Klima- und Naturschutzes bereits von Anfang an bei der Standortwahl zu berücksichtigen sind. Die DB hatte dagegen bis zum letzten

Entscheidungsschritt auf eine realistische Bewertung dieser Umweltbelange und der gültigen Rechtsvorschriften verzichtet.

 

Der über mehrere Jahre und mit erheblichem Kostenaufwand von der DB durchgeführte Planungsprozess bleibt somit zunächst ohne konkretes Ergebnis was den Standort für die Planung, den Bau und Betrieb des geplanten ICE-Instandhaltungswerks betrifft.

 

Der Nürnberger Reichswald, hingegen, der bleibt!

 

Herbert Fahrnbauer (BBIWS Bayern)