Das soll "Verkehrswende" sein? Noch immer zerstört Straßenneubau auf Basis veralteter Planungen im "Verkehrswegeplan 2030" die Geschlossenheit von Naturlandschaften wie hier in Brandenburg. Die Bürgerinitiative "Rettet das Hammerthal" wehrt sich mit einer Petition und bittet um Unterstützung.
Bad Freienwalde ist eine Kurstadt im Nordosten Brandenburgs und umgeben von beeindruckender Naturlandschaft. Hier grenzt das Waldgebiet „Bad Freienwalde“ an, welches sich über insgesamt 4267 Hektar von Falkenberg/Mark im Norden bis nach Sonnenburg im Süden erstreckt. Dieses naturschöne und ruhige Landschaftsschutzgebiet trägt für die Bewohner der Stadt Freienwalde und der umliegenden Ortschaften, für Kurgäste, Urlauber, Radfahrer und Wanderer zur Entspannung und Erholung bei. Ebenso bedeutsam ist das Naherholungsgebiet „Hammerthal“ sowie Teile des Odervorlandes im Oderbruch.
Die Planungen
Geplant ist eine teilweise dreispurige Schnellstraße durch diese wertvollen Wald- und Naturlandschaften, die mindestens 23,7 Hektar Fläche versiegelt und die im Klimawandel bedeutsamen natürlichen Ressourcen ohne Dringlichkeit belastet. Die der Projektplanung zugrunde gelegten Fakten und das für die Einstufung in den vordringlichen Bedarf im Bundesverkehrswegeplan 2030 maßgebliche „gute Kosten-Nutzen-Verhältnis“ sind veraltet und ökonomisch wie ökologisch nicht mehr vertretbar.
Die Gesamtkosten der Planung wurden 2014 mit circa 21,9 Millionen Euro veranschlagt. Nach Auskunft der Planungsgesellschaft beliefen sich aber Ende 2020 die Kosten bereits auf 77 Millionen Euro!
Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Versiegelung und Zerschneidung der letzten noch vorhandenen zusammenhängenden Naturflächen ist es besonders wichtig, das intakte und zusammenhängende Waldsystem Bad Freienwalde und die umliegenden Naturlandschaften zu erhalten und für zukünftige Generationen zu schützen. Der betroffene Wald wird mit der geplanten Ortsumgehung in der Mitte zerschnitten und in seiner Geschlossenheit unwiederbringlich zerstört. Er ist Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten, von denen einige auf der Roten Liste Brandenburgs und Deutschlands stehen. Auch streng geschützte Arten nach EU-Richtlinien des Natura 2000-Programms sind in diesem Gebiet beheimatet. Betroffen wäre darüberhinaus das Hammerthal mit seiner Gartenkolonie als weiterer bedeutsamer Naherholungsraum.
Nicht zu vernachlässigen ist aber gerade auch die Bedeutung des Odervorlandes als Hochwasserrisiko- und Überschwemmungsgebiet der Oder, eine wichtige Schutzzone also für zukünftige Extremwetterlagen, die unbebaut bleiben muss. Offensichtlich hat man es in Behörden wider besseren Wissens noch nicht gelernt, mit Katastrophen durch Vorsorge statt mit leidvoller Nachsorge umzugehen. Gleiches gilt für den Artenschutz und den Wasserhaushalt der Landschaften, die durch Straßenbau immer schwere Nachteile erleiden und von den zuständigen Ministerien als Entscheidungsträgern weiterhin billigend in Kauf genommen werden.
Warum sind der Wald und die Naturlandschaften so wichtig?
- Bodenschutzwald: Bäume schützen erosionsgefährdete Böden und Hänge (Höhenunterschied von bis zu 100 Metern) vor dem Abrutschen und sorgen für gesunde Böden und Wasserspeicherung
- Immissionsschutzwald: er schützt vor schädlichen Umwelteinflüssen wie Luftverunreinigungen und Lärm und ist wichtiger CO2-Speicher
- Erholungsfunktion für Bewohner, Urlauber, Kurgäste
- Lebensraum für unzählige, meist selten gewordene Tier- und Pflanzenarten z.B. Heldbock (Großer Eichenbock) und Mopsfledermaus (vom Aussterben bedroht), Eremit (Juchtenkäfer) und Hirschkäfer, Großes Mausohr, Bechsteinfledermaus, Moorfrosch und Biber (gefährdet und stark gefährdet) Eichen-Farn, Schuppenwurz, verschiedene Segge-Arten (gefährdet) und die vom Aussterben bedrohte Späte Wald-Trespe
Die Folgen des Schnellstraßenbaus
- das LSG „Bad Freienwalde (Waldkomplex)“ wird als intaktes und zusammenhängendes Waldgebiet zerschnitten
- die an die Ortsumgehung angrenzenden Fauna-Flora-Habitat-Gebiete, das Vogelschutzgebiet und die Naturdenkmäler werden durch Emissionen und Störung massiv beeinträchtigt
- Wildtiere werden durch die Zerschneidung des Gebietes in Verhalten und Ausbreitung stark beeinflusst, was nachweislich ihren Fortbestand und ihre Gesundheit gefährdet
- Erosion der Böden und Täler durch Rodung des Waldes, der die Hänge befestigt und stabilisiert
- mögliche Auswirkungen aufgrund der geologischen Gegebenheiten (ehemaliges Bergbaugebiet)
- Zerschneidung der vorhandenen Wanderwege im Hammerthal, um den Teufelssee und im Stadtwald
- Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch Straßenführung und die geplanten 14 Brücken
Unter diesen Gesichtspunkten ist die im Bundesverkehrswegeplan bewertete „mittlere“ Umweltbetroffenheit geradezu absurd! Im Rahmen der derzeit erfolgenden Bedarfsplanüberprüfung ist gemäß der Richtlinie der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) 2014/52/EU die ‚Fläche‘ als separates Umweltschutzgut mit einzubeziehen.
Die Prognosen
In der Stadt Bad Freienwalde leben im aktuellen und prognostizierten Vergleich zwischen 2016 und 2030 etwa 14,2 % weniger Einwohner. Gleichzeitig wird bis zum Jahr 2030 die Zahl der Einwohner über 65 Jahre um 26,5 % steigen, während die Zahl der Einwohner zwischen 15 und 65 Jahren um fast 30 % sinkt!
Der Quellverkehr dürfte allein aufgrund sinkender Mobilität der älteren Einwohner abnehmen. Eine langfristige Planung muss in Anbetracht der ökologischen Krise unter Berücksichtigung des demografischen Wandels erfolgen. Die dem Projekt zugrunde liegende Verkehrsprognose muss diesbezüglich nachvollziehbar mit aktualisierten Verkehrszahlen korrigiert werden.
Die Petition
Die Bürgerinitiative Rettet das Hammerthal hat die Online-Petition „KEINE UMGEHUNGSSTRAßE DURCH DEN WALD UND DAS ODERVORLAND!" gestartet, um sich bei der Politik Gehör zu verschaffen und den Schutz des wertvollen Waldkomplexes Bad Freienwalde zu erwirken. Sie wendet sich an das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung Brandenburg, das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie die Stadt Bad Freienwalde.
https://www.change.org/RettetdasHammerthal
Über zahlreiche Unterschriften würden wir uns freuen! Herzlichen Dank.
Weitere Informationen rund um die betroffenen Naturlandschaften, das Hammerthal sowie das Straßenbauvorhaben sind auf unserer Webseite https://rettet-das-hammerthal.de gebündelt. Zusätzlich sind wir auf Instagram, Twitter, Facebook und Pinterest aktiv. Dies ist unser Flyer zur Petition.